Valeska Grap hält die Haushaltsrede 2024

Keine Zustimmung von unserer Fraktion

13.12.24 –

Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Gericke, sehr geehrte Damen und Herren der Kreisverwaltung, liebe Kolleginnen und Kollegen der Kreistagsfraktionen liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Gäste!

Kürzungen im Bereich Klima- und Umweltschutz
Beschäftigen wir uns zuerst mit dem Status Quo beim Umwelt- und Klimaschutz, da es sich hier um die elementarste Krise handelt, in welcher sich die Menschheit momentan befindet. Wir brauchen einen offensiven Umweltschutz und keine Kürzungen in diesem Bereich! Diese Forderung stammt von dem Umweltökonomen und Politiker Jan Niklas Gesenhues, der für einen offensiven Umweltschutz wirbt, um das Fundament unseres Wohlstands zu sichern.

Ohne echte Fortschritte beim Naturschutz werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Neueste Studien des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigen wie dramatisch die Situation ist. Wir haben sechs der neun planetaren Belastungsgrenzen bereits überschritten. Besonders gravierend ist die Zerstörung der biologischen Vielfalt und die Umweltverschmutzung. Die Biodiversitätskrise wurde unlängst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos von führenden Wissenschaftlern als eine der größten Gefahren für das Überleben der Menschheit bezeichnet! Die Frage ist hier nicht mehr, wie wir überleben, sondern, ob wir überhaupt überleben. Der größte Teil unserer Wertschöpfung basiert auf Naturleistungen. 70% aller Medikamente sind zum Beispiel pflanzlicher Natur. Durch die massenhafte Ausrottung vieler Arten geht noch unerforschtes Wissen unwiederbringlich verloren. Ein Gamechanger beim natürlichen Klimaschutz sind die Moore. Durch ihre Fähigkeit große Mengen an CO2 zu speichern, können durch die Wiedervernässung trocken gelegter Moore große Mengen an CO2 im landwirtschaftlichen Bereich eingespart werden.

Der Kreis Warendorf hat sich hier, wie das Beispiel Füchtdorfer Moor zeigt, auf den Weg gemacht, was wir begrüßen.

Wir befinden uns derzeitig in einer der größten Krisen seit dem Zweiten Weltkrieg. Seit dem Ausbleiben billiger russischer Gasimporte grassiert die Angst bei Bürgern und Industrie in Deutschland vor fehlenden Rohstoffen und einer unzureichenden Energieversorgung. In konservativen Kreisen der Politik wurde der Umwelt- und Naturschutz als Bremsklotz für eine schnelle Transformation in diesen Bereichen identifiziert. 2 Vollmundig wird die Parole ausgegeben, dass der Umweltschutz in der Prioritätenskala nicht mehr oben rangieren soll. Anstatt Behörden mit ausreichend Personal auszustatten hat man lieber das Umweltrecht schleifen lassen, weil das günstiger und einfacher erschien. Allerdings hat man hier die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Genehmigungen werden so leider klageanfälliger und es kann zu Konflikten mit geltendem europäischen Recht kommen. Kurzfristige politische Geländegewinne auf Kosten der Umwelt kommen uns alle und nachfolgende Generationen teuer zu stehen.

Windenergie - aber bitte nicht bei uns
Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist klar geworden, dass die beschleunigte Energiewende nicht mehr nur Klimaschutz bedeutet, sondern auch eine dringend benötigte Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern aus Russland. Die Windenergieanlagen bereichern den deutschen Wortschatz mit immer neuen Textschöpfungen. Vor ein paar Jahren war es die Bedrohung verspargelter Landschaften. Nun zieht der Landrat in den Abwehrkampf gegen Windenergieanlagen, mit dem Gespenst der großflächigen Überprägung der Landschaft und der Gefahr eines weitestgehend ungesteuerten Zubaus mit Windenergieanlagen. Als Mitstreiter werden die ökologisch wertvollen Bereiche und Rückzugsorte sowie der Schutz bedrohter, windenergiesensibler Arten zitiert. Gleichzeitig werden im aktuellen HH-Entwurf die Mittel für den Umweltschutz gekürzt. Dann wird die Akzeptanz der Bevölkerung in Frage gestellt. Die Bevölkerung, das sind dieselben Menschen, die man jahrelang mit dem Albtraum einer verspargelten Landschaft berieselt hat.

„Die Geister, die ich rief, werd ich nicht mehr los!“ Das hat schon ein Vertreter großer deutscher Literatur getextet. Aber lassen wir die Fakten sprechen: Die alte Regelung für die Errichtung von Windenergieanlagen mit der Steuerungsmöglichkeit durch den Kreis hat dazu geführt, dass der Ausbau dieser Anlagen nahezu zum Erliegen gekommen ist. Erst als das Erneuerbare 3 Energie-Gesetz die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen im „überragenden öffentlichen Interesse“ beschrieben hat, ist es zu einem starken Anstieg der Anträge zur Errichtung gekommen. Hier sehen wir ein typisches Beispiel von Bürokratieabbau und welche Wirkung damit erzielt wird. Das Erneuerbare-Energie-Gesetz ist eine Erfolgsgeschichte. Wir können den Landrat beruhigen, die vermehrte Errichtung von Windenergieanlagen wird sich nicht negativ auf den Fremdenverkehr auswirken. Dafür sorgen schon die weitverbreiteten, großflächigen Maisfelder, die mit ihrer Überprägung als ein sicherer Blickschutz jedes Jahr für die Sommersaison errichtet werden.

Betrieb und Finanzierung des FMO
Der Flughafen macht ernst mit der CO2 - Neutralität. Der Betriebsablauf ist schon heute erfolgreich auf dem Weg dorthin. Das nächste Ziel ist die Errichtung von Deutschlands größtem Solarpark. Auf 70 Hektar sollen Stromkapazitäten installiert werden, die die neue Generation von Flugzeugen mit Energie versorgen. Für Flugzeuge, die mit ihrer Größe hauptsächlich im Luftverkehr der Kurzstrecke eingesetzt werden. Die Gesamtkapazität dieser Flugzeuge am Luftverkehr hält sich in Grenzen und wird für lange Zeit ein Nischenprodukt bleiben. Die konventionellen, mit Kerosin betriebenen Verkehrsflieger werden daher über einen nicht absehbaren Zeitraum weiterhin der Standard bleiben. Und damit ändert sich für lange Zeit die CO2 -Bilanz der Fliegerei nicht wirklich.

Der FMO passt nicht in ein ökologisches Gesamtkonzept.

Antrag der Aids-Hilfe e.V. auf Kreiszuschuss
Die Aids-Hilfe e.V. übernimmt als ergänzendes Angebot zum Kreisgesundheitsamt wichtige Leistungen in der Sexualberatung und in Präventionsprogrammen. Diese Leistungen werden auch von dem Kreisgesundheitsamt als qualitativ sehr gut, anerkannt. Die Kreisverwaltung hatte nach Vorverhandlungen eine Erhöhung des Kreiszuschusses um 25 % für angemessen gehalten. Argumentativ wird dieser Wert mit der Abnahme der Aids-Erkrankungen und der Möglichkeit der erfolgreichen medikamentösen Behandlung der Erkrankung begründet. CDU und FWG wissen es besser. Mit den Argumenten: Keine Ausfallbürgschaft für wegfallende Landesunterstützung und keine weiteren Beträge in den Sozialbereich, 4 rechnen sie eine für sie angemessene Erhöhung des Kreiszuschusses um 15% aus und drücken diesen Wert mit ihrer Stimmenmehrheit im Finanzausschuss durch. Die Erfahrung zeigt, nur kurzsichtig handelnde Individuen folgen dem Präventivparadox und setzen Maßnahmen ab, wenn sie erfolgreich sind.

Hygieneartikel
Wir haben mit unserem Antrag für den niederschwelligen Zugang zu Hygieneartikeln für Schülerinnen der kreisangehörigen Schulen ein Zeichen für die Gesundheit und Gleichberechtigung gesetzt. Kein Mädchen und keine Frau an den Berufskollegs und Förderschulen des Kreises soll im Falle eines Falles für Menstruationsartikel Hemmschwellen wie das Fragen im Sekretariat oder bei Mitschülerinnen überwinden müssen. Daher ist es gut, dass wir im BIKS nicht nur eine gute Diskussion über dieses Thema mit allen demokratischen Fraktionen geführt haben, sondern auch einstimmig den Beschluss gefasst haben, dass an den kreiseigenen Schulen in Zusammenarbeit mit den SchülerInnenvertretungen und der Schulsozialarbeit Bedarfe und Lösungen im Sinne der Schülerinnen ermittelt werden. Ziel soll es sein, dass alle Schulen ihren Schülerinnen den niederschwelligen Zugang zu Hygieneartikeln ermöglichen sollen.

Demokratieförderung
Demokratie ist ein komplexes System ohne genetische Wurzeln und muss erfahrbar gemacht werden. Neben den MINT-Fächern, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik stehen gleichberechtigt die sozialen und demokratischen Handlungskompetenzen auf dem Pflichtprogramm eines Lehrplanes. Es gilt die Fähigkeit zu vermitteln, in einer heterogenen Welt friedlich miteinander zusammenzuleben und das Rüstzeug zu vermitteln, das eigene Leben selbst zu gestalten. Dazu gehört eine Sensibilisierung und Widerstand gegen „Extremismus, Antisemitismus und Rassismus“ zu entwickeln. Wir alle erinnern uns lebhaft an die Diskussionen im Frühjahr dieses Jahres, als wir als Grüne Kreistagsfraktion im Zuge der bundesweiten Proteste gegen die menschenverachtenden Remigrationspläne der AfD, die Trierer Erklärung des Deutschen Städtetags gegen Rechtsextremismus in den Kreistag einbrachten. Während Städte und Landkreise in unserer Umgebung oft mit den Stimmen aller demokratischen Fraktionen diese Erklärung unterstützten, war diese Einigkeit im Kreistag Warendorf leider nicht zu erreichen. Über eine andere Resolution des Landrats gegen jeglichen Extremismus als Reaktion auf unseren Antrag wurde ebenfalls nicht abgestimmt. Vor diesem Hintergrund, den unser Antrag mit der Trierer Erklärung ins Rollen gebracht hat, wurde dann vom 5 Landrat ein Projekt zur Förderung der Demokratie im Kreis Warendorf vorgeschlagen. Dieses richtet sich mit 100000 € und einer extra eingerichteten halben Stelle an die Schulen im Kreis und beinhaltet wichtige Elemente der Erinnerungskultur und soll junge Menschen gegen Antisemitismus, Extremismus und, auf Antrag unserer Fraktion ergänzt, auch gegen Rassismus immun machen. Gerade in Zeiten von rechtsextremer Desinformation und rassistischer Hetze in den sozialen Medien und eines ansteigenden Antisemitismus in der Gesamtbevölkerung, ist dieses Projekt ein wichtiges Zeichen der Kommunalpolitik zur Förderung demokratischen Handelns. Als Grüne Kreistagsfraktion werden wir den weiteren Verlauf des Projektes aufmerksam begleiten und unterstützen.

Wir sind keine Ausfallbürgen
Mit dieser Aussage hat sich der Landrat schon vor Wochen pressewirksam als Ausfallverweigerer festgelegt. Damit reagierte er entschlossen auf die massiven Kürzungen des Landes im sozialen Bereich. Dieser Meinung haben sich die Vertreter der CDU im Finanzausschuss linientreu angeschlossen. Der Fraktionssprecher legte noch eine Schippe oben drauf mit der Aussage: Keine weiteren Beträge in den Sozialbereich. Schauen wir auf den Sachverhalt: Laut Definition bedeutet Ausfallbürgschaft, dass der Bürge für die Schulden aufkommen muss, wenn der Gläubiger nachweislich alle Möglichkeiten beim Schuldner ausgeschöpft hat. Der fünfte Dezember ist der große Tag der ehrenamtlich tätigen Menschen. Sie werden zu Recht mit Lob, medienwirksamen Auftritten und wohlklingenden Reden, geradezu überschüttet. Nutzen wir die Erkenntnisse, aus den ehrlich gemeinten Ausführungen über das Ehrenamt. Dann transformieren wir den Sachverhalt auf die große Zahl der ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer im Kreis Warendorf, die sich in vielfältigen sozialen, karitativen und sportlichen Einrichtungen engagieren. Sie erbringen Leistungen, die die kommunalen Träger nicht erbringen wollen oder nicht erbringen können. Sie verweigern sich nicht mit dem Argument: Wir sind keine Ausfallbürgen. Sie leben mit der tiefen Überzeugung, wenn wir es nicht leisten, dann wird unser Umfeld trister, monotoner, weniger freundlich und menschlich. Mit dieser verbindlichen Haltung bieten diese Menschen ein Vorbild. Ein vorbildliches Verhalten, das auch den „Ausfallverweigerern“ zur hohen „Amtsehre“ gereichen würde.

Der Kreishaushalt zwischen Baum und Borke
Eine unangenehme, fremdbestimmte Situation, an die sich Kommunalpolitiker nicht gewöhnen wollen. In diesem Jahr kamen die Signale über wesentliche Finanzierungsbausteine spät. Das Land hatte in dem ersten Anlauf die Mittel im Sozialbereich erheblich gekürzt. Auf diesem Niveau hätten viele Sozialeinrichtungen ihre Leistungen einstellen müssen. Die Folgen wären unabsehbar. Wahrscheinlich von der eigenen Fehlentscheidung entsetzt, konnte nach dem Abklingen der Schockwelle aus dem Land, noch rechtzeitig eine Korrektur der Zuwendungen vorgenommen werden. Ebenso hat auch der LWL seine Umlageforderung noch einmal überarbeitet. Immerhin arbeitet der LWL selber verstärkt im sozialen Bereich und kann damit nachvollziehen, dass dieser Bereich sehr personalintensiv und damit abhängig von der Inflation und der Lohnentwicklung ist. Erleichternd für das Land wie auch für den LWL ist sicherlich die Situation, dass zwei Koalitionspartner zusammen arbeiten, die sich gemeinsam und konstruktiv um die Lösung der Finanzprobleme bemüht haben. Hier zeigt sich, dass der Einsatz des gesunden Menschenverstandes erfolgreicher ist, als die Umsetzung des in der Propädeutik verhafteten Halbwissens aus einer liberalisierten Finanzwirtschaft. Die Formulierung der allgemeinen Kreisumlage gegenüber den kreisangehörigen Kommunen auf einen Hebesatz von 33% und die Festsetzung der Jugendamtsumlage auf 20,3% hätte eigentlich zu einer Freudenbekundung der Städte und Kommunen gereicht. Allerdings fällt es den immer weiter finanziell ausblutenden Städten und Gemeinden im Kreis Warendorf auf Grund der dauerhaften strukturellen Unterfinanzierung mit Recht schwer, diese laut anderer Kreitagsfraktionen tragbare Kompromisslinie lang anhaltend zu beklatschen.

Und uns Grünen fällt deshalb eine Zustimmung ohne Wenn und Aber dieses Jahr auch schwer. Wir wissen, dass der Kreishaushalt zu großen Teilen in seinen Leistungen fremdbestimmt ist. Doch gibt es Möglichkeiten der unterschiedlichen Gewichtung bei der Verteilung der Gelder in den freiwilligen Leistungsbereichen. Für uns Grüne ist der Entwurf des Kreishaushaltes 2025 zu wenig sozial und zu wenig ambitioniert im Umwelt- und Klimaschutz! Deshalb scheint uns dieses Jahr eine Enthaltung zum Haushalt angemessen!

Für die ganzjährige konstruktive Zusammenarbeit mit vielen Kollegen aus anderen Kreistagsfraktionen und der Verwaltung danke ich Ihnen sehr. Auch danke ich allen hier Anwesenden für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine friedliche, besinnliche Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest!

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