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15.12.15 –
Sehr geehrter Herr Landrat Dr. Gericke,
sehr geehrte Damen und Herren der Kreisverwaltung,
liebe Kolleginnen und Kollegen der Kreistagsfraktionen,
liebe Freundinnen und Freunde,
sehr geehrte Gäste,
oft beginnen Haushaltsreden mit: „Große Herausforderungen warten auf uns“, oder ähnlichen Sätzen. Genau das ist der Fall: In den kommenden Jahren sind große Herausforderungen für den Kreis Warendorf und die kreisangehörigen Kommunen zu meistern.
Als vor einem Jahr hier die Haushaltsreden gehalten und der Kreishaushalt verabschiedet wurde, war das Ausmaß der humanitären Herausforderung, die auf uns zukam, noch klein. Mittlerweile sind die Prognosezahlen von den tatsächlich zu uns kommenden Menschen übertroffen worden. Der Kreis Warendorf hat sich den Aufgaben gestellt und unternimmt nach wie vor große Anstrengungen, die Versorgung und Unterbringung der geflüchteten Menschen zu gewährleisten.
Deshalb an dieser Stelle auch von Seiten der Fraktion Bündnis90/Die Grünen einen herzlichen Dank an alle haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die sich in der Arbeit mit den Flüchtlingen engagieren.
Im Kreishaushalt sehen wir in diesem Jahr nur die Spitze der finanziellen
Belastung, die auf uns zukommt. Wir als Kreistag haben, bis auf wenige Mitglieder, der Erarbeitung eines Flüchtlingskonzeptes für den Kreis Warendorf zugestimmt. Das ist gut und richtig!
Aber- das geht unserer Fraktion noch nicht weit genug. Die gesellschaftliche Integration der zu uns kommenden Menschen ist die Hauptaufgabe. Kreishandwerkerschaft, Agentur für Arbeit und die Berufskollegs im Kreis Warendorf zeigen gute Ansätze und machen vor, wie die Integration auf dem Arbeitsmarkt gelingen kann. Die Integration der geflüchteten Menschen in unsere Gesellschaft insgesamt ist ebenso wichtig und muss in den nächsten Jahren vorangetrieben werden. Die Lebensbedingungen der geflüchteten Menschen müssen menschenwürdig gestaltet werden.
Die Einführung einer Gesundheitskarte und somit die freie Arztwahl sind notwendig. Wir werden uns auch im kommenden Jahr für die Einführung eben dieser Gesundheitskarte stark machen. Soweit meine Anmerkungen zur Flüchtlingssituation. Eines möchte ich an dieser Stelle aber noch erwähnen:
Man kann unterschiedliche Meinungen und Ideen vertreten in der Frage, wie die zu uns kommenden Menschen aufgenommen werden. Man kann und darf sich in den Räten und Kreistagen und auch außerhalb auf den Straßen für seine Ideen stark machen. Aber was einer der hier anwesenden Vertreter der AfD, gemeinsamen mit bekennenden Rechtsextremen in den Straßen von Oelde von sich gegeben hat, ist für eine demokratische Kultur nicht akzeptabel, entwürdigend und für uns ein abschreckendes Beispiel der Verachtung der Menschenrechte. Dies ist für uns ein nicht hinnehmbarer Umgang mit der demokratischen Kultur!
Ein anderes Thema: Eine Gesundheitskarte anderer Art hätte das Weltklima nötig. Schon jetzt befürchten Fachkreise, dass die von Menschen verursachte globale Erwärmung nicht bei +20 aufzuhalten ist und dass ein Stopp bei +30 ein realistisch erreichbares Ziel wäre. Auf lokales Handel gemünzt heißt das: Weitere Investitionen des Kreises in erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energieeinsparungsmöglichkeiten sind für uns unerlässlich!
Der Vorteil für den Kreis und den Kreishaushalt liegt klar auf der Hand. Man kann es auch im jüngsten Energiebericht für die Liegenschaften im Kreis Warendorf nachlesen: Der Energie- und Wasserverbrauch konnte deutlich gesenkt werden. Dieses führte neben der Geldersparnis zu einer erheblichen Reduzierung des CO2 Ausstoßes. Der Kreis Warendorf wird in den kommenden drei Jahren seinen Strom aus erneuerbaren Energien beziehen. Bei einem Auftragsvolumen von ca. 500.000 € im Jahr eine erhebliche Menge. Das ist ein von uns schon über Jahre eingeforderter Schritt genau in die richtige Richtung!
Der Blick in die Nachbarkreise zeigt aber auch, dass noch mehr möglich ist. Wir wissen, dass gerade bei angespannter Haushaltslage sehr genau auf die Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschonung bei der Umsetzung energetischer Maßnahmen geachtet werden muss. Allerdings können und wollen wir als alleiniges begrenzendes Element die Wirtschaftlichkeit nicht
stehen lassen!
Und nun ein Blick auf die Massentierhaltung: Dem Landrat sind der Veterinärdienst und das Gesundheitsamt anvertraut. Der Veterinärdienst wird im kommenden Jahr personell aufgestockt. Das befürworten wir, weil damit u.a. möglich ist, in den kommenden Jahren die Einhaltung des Arzneimittelgesetzes, dass unter anderen den Antibiotikaeinsatz in der Tiermast regelt, besser überwacht wird.
Der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast muss reduziert werden, wenn wir nicht in Zukunft noch mehr Probleme mit multiresistenten Keimen riskieren wollen. Wichtig ist, um die Kontrollen auch neutral durchführen zu können, dass die notwendige Distanz zwischen den Kontrollierenden und den Vertreter der Kontrollierten gewahrt bleibt.
Eine weitere wichtige ‚Baustelle` im Kreis: der soziale Bereich: Die Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf allen Ebenen ist einer der bedeutendsten gesellschaftlichen Umbrüche und Herausforderungen unserer Zeit. Weg von der Fürsorge, hin zur Teilhabe und Teilnahme ist das Ziel. Der Kreis Warendorf hat einen Inklusionsplan erstellt. Ein guter erster Ansatz. Aber noch nicht genug. Der Kreis Warendorf muss auch bei der Inklusion, wenn sie sich in allen Bereichen niederschlagen soll, seiner Vorbildfunktion gerecht werden und Leuchtturmprojekte und Ideen entwickeln. Wir Grünen wollen diese Entwicklung vorantreiben.
Der demographische Wandel beschert uns immer mehr ältere Menschen und somit höhere Fallzahlen bei den Pflegebedürftigen. Der dadurch verursachte Kostenanstieg wird uns in Zukunft große finanzielle Anstrengungen abverlangen. Wenn wir diesen Kostenanstieg begrenzen wollen, müssen wir die ambulante Pflege fördern. Beratungen für pflegende Angehörige und unterstützende Einrichtungen im Wohnquartier müssen gefördert werden, damit der Schwerpunkt von der stationären zur ambulanten Pflege verlagert wird.
Investitionen in diesem Bereich lohnen sich für den Kreis längerfristig. Ambulant vor Stationär ist die Aufgabe der Zukunft! Ein deutliches, zusätzliches Problemfeld tut sich im Bereich der häuslichen Pflege auf: 60% der Pflegebedürftigen im diesem Bereich werden von Frauen im erwerbstätigen Alter gepflegt. Diesen Frauen gehen die Rentenanwartschaften verloren, so dass sie im Alter ein erhöhtes Armutsrisiko haben. Hier ist der Gesetzgeber gefordert. Unsere Erwartung an die Kreisverwaltung ist, dass sie Verbesserungen für die pflegenden Angehörigen beim Gesetzgeber einfordert.
Frauen im Kreis Warendorf besonders stark von Zunahme sogenannter geringfügiger Beschäftigungsverhältnissen betroffen, im Kreis Warendorf sogar überdurchschnittlich.
Die Entscheidung des Kreises, das Jobcenter in seine Regie zu nehmen, bietet die Chance, hier entgegen zu wirken und Einfluss zu nehmen. Wir Grüne fordern verstärkte Anstrengungen auf diesem Gebiet.
Nun zu einzelnen Aspekten des Kreishaushaltes: Der Kreishaushalt ist, wie viele andere kommunale Haushalte auch, erheblich unterfinanziert. Die Ursachen hierfür liegen nicht im Kreis, sondern in der Unterfinanzierung der Kommunen durch Bund und Land. Hier müssen in den nächsten Jahren deutliche und für die Kommunen spürbare Korrekturen vorgenommen werden.
Herr Schäuble rühmt sich in Berlin mit einer schwarzen Null. Die Kommunen bluten derweil aus! Alle Fraktionen tun sich schwer damit, Einsparpotentiale im Haushalt zu finden. Und leider fand sich für den Antrag der SPD, eine Aufgabenkritik zu initiieren, keine Mehrheit. Wir hätten diesen Prozess befürwortet. Der erhebliche Widerstand gegen diesen Antrag ist für uns nicht nachvollziehbar.
Aus unserer Sicht gibt es im Kreishaushalt zwei große, Finanzen verschlingende, schwarze Löcher:
Das ist zum einen der Flughafen Münster Osnabrück (FMO): Dieser Flughafen hat ein Problem. Ein Problem, dass im Übrigen alle Flughäfen auf der Welt in Schwierigkeiten bringen würde: Er hat zu wenige Fluggäste. Anstatt wie prognostiziert anzusteigen, gingen die Fluggastzahlen zurück. Dennoch lauten die neuesten Prognosen, die Fluggastzahlen würden ansteigen und zwar um 3%.
Das nenne ich einen optimistischen Blick durch die rosa Brille! Leider wird, auch von Ihnen, Herr Dr. Gericke, immer wiederholt, wie wichtig der Flughafen für die heimische Wirtschaft sei. Eine Umfrage, die der Kreis Steinfurt auf seinem Gebiet in Auftrag gegeben hat, ergab, dass gerade einmal die Hälfte der dortigen Unternehmen den Flughafen für bedeutend hält.
Warum ist die Wirtschaft nicht bereit, den scheinbar so bedeutsamen Flughafen z.B. durch den Erwerb von Gesellschafteranteilen zu unterstützen? Jahr für Jahr fließen große Summen in die Entschuldung eines aus unserer Sicht überdimensionierten Flughafens. Immer noch wird an der Planung einer Startbahnverlängerung festgehalten, obwohl zur Zeit niemand ernsthaft daran glaubt, dass diese Verlängerung überhaupt benötigt wird. Paradoxer geht es nicht.
Ein anderes großes ‚faules Ei‘ im Kreishaushalt sind die RWE Aktien. Die kreiseigenen RWE Aktien haben sich zu einer Geldvernichtungsaktie entwickelt. Die Bezirksregierung hat deutlich die längst überfällige Neubewertung der Aktien in der Bilanz angemahnt. Der Kreis musste in diesem Jahr reagieren und die Aktien um 5€ abwerten. Die Folgen sind deutlich bis in das Eigenkapital des Kreishaushaltes und der Kommunen zu spüren. Die angekündigte Sonderumlage war unausweichlich.
Niemand kann ernsthaft glauben, der Aktienkurs würde sich noch einmal erholen. Die RWE selber glaubt noch nicht einmal daran. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass die RWE den Konzern nun beabsichtigt aufzuspalten ineine konservative Sparte mit fossilen Energieträgern und eine zukunftsträchtige Sparte mit erneuerbaren Energien. Selbst die RWE hat erkannt, dass die fossilen
Energieträger ausgedient haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Landesregierung (NRW) sich eine Entlastung der Eigenkapitalauswirkungen auf die Kommunen und Kreise einfallen lässt.
Bleibt die Frage: Wo sehen wir Einsparpotentiale im Kreishaushalt?
Die Reduzierung der Pensionsrückstellungen von 2 auf 1 Mio. € ist eine dieser wenigen Möglichkeiten, um eine spürbare Entlastung der Kreisumlage zu bewirken. Leider ist der Effekt nicht nachhaltig, da die Pensionen ja irgendwann gezahlt werden müssen. Das muss dann aus dem laufenden Haushalt geschehen…
Die Reduzierung des Anteils der Beamtenstellen in der Kreisverwaltung isteine Prüfung wert. Viele Kommunen haben schon lange eine Umschichtung der Beschäftigungsverträge von Beamtenverträgen auf Angestelltenverträge eingeleitet.
Wir werden den gerade beschlossenen Prüfungsprozess eng begleiten und gegebenenfalls entsprechende Anträge einbringen. Die weitergehenden Einsparpotentiale, die wir in Zukunft sehen, sind struktureller Art und können nur längerfristig entwickelt werden. Es wird die Aufgabe aller Kreistagsfraktionen in den kommenden Jahren sein, diese strukturellen Veränderungsprozesse voranzubringen. Gleichzeitig muss auf den Bund und das Land eingewirkt werden, um eine finanzielle Entlastung für die Kreise und Städte zu erreichen.
Die Fraktion der Grünen im Kreistag Warendorf lehnt die Regelung zur Finanzierung des FMO wegen der weiterhin verfolgten Planung zur Startbahnverlängerung nach wie vor ab. Wir bekunden (aber) unseren Willen, die Zukunft des Kreises mit den Maßstäben der Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit mitzugestalten. Wir bekunden unseren Willen zur konstruktiven Zusammenarbeit und unsere
Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.
Die Fraktion der Grünen stimmt, auch wenn der Haushalt nicht in allen Punkten unseren Vorstellungen entspricht, dem vorliegenden Haushaltsentwurf zu.
Ich wünsche Ihnen allen und denen, die Ihnen lieb sind, ein Frohes
Weihnachtsfest und alles Gute und Gesundheit im Neuen Jahr.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Uli Schlösser
(Fraktionssprecher der Kreistagsfraktion Bündnis90/Die Grünen im Kreis Warendorf)
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